In Verbindung mit sich und anderen – entdecke den Vagusnerv

Eine Einführung in das Thema und zu den Hintergründen des Workshops in einem Gespräch zwischen Sabine Horst und Fola Dada gibt es hier in diesem Podcast:

 Und nun ein Erfahrungsbericht von Charlotte Bock, die an dem Workshop teilgenommen hat

Mein Rückblick auf einen inspirierenden Workshop voller Impulse und einfacher Praktiken

An einem Samstag im September 2022 durften wir angeleitet und begleitet von Fola Dada und Sabine Horst auf die Reise zu unserem Vagusnerv gehen. Der anschaulich aufbereitete wissenschaftliche Inhalt legte für uns Teilnehmer/-innen die Basis für ein umfassendes Grundverständnis: Nun wissen wir,

  • wo der Vagusnerv in unserem Nervensystem angesiedelt ist,
  • aus welchen Bestandteilen er selbst besteht und
  • wofür diese jeweils zuständig sind.

Anhand von schönen und übersichtlichen Flipcharts verbildlichte Sabine den komplexen Inhalt, auf den wir nun immer wieder zurückgreifen können, wenn wir unser Verständnis einmal auffrischen möchten.

Von einem wissenschaftlichen Verständnis zur Anwendung im Alltag

In der zweiten Hälfte des Workshops lud Fola uns zu Praxisübungen ein, die sich durch ihre Einfachheit und gleichzeitige Effektivität toll in unseren Alltag integrieren lassen. In beides, Theorie wie Praxis, wollen wir Euch bzw. Ihnen in den folgenden Abschnitten einen Einblick geben:

Das ANS, die Polyvagaltheorie und Reaktionsmuster

Der Vagusnerv ist ein Teil unseres autonomen Nervensystems, dessen Funktionsweise durch die Polyvagaltheorie nach Stephen W. Porges erläutert werden kann. Noch aus den Ursprüngen der Evolution entstammend, kann das Nervensystem auf drei mögliche autonome, also unbewusst ablaufende, Reaktionsmuster zurückgreifen. Diese sind für unseren instinktiven Schutz bei akuter Gefahr zuständig: Kampf, Flucht oder Schockstarre. Die ersten beiden sind dem Sympathikus zuzuordnen, der uns aktiviert. Die Schockstarre hingegen gehört dem Parasympathikus an, der uns beruhigt. Und hier kommt auch der Vagusnerv ins Spiel.

Der Vagusnerv und seine Rolle für Beruhigung und Entspannung

Der Vagusnerv besteht aus zwei Ästen, dem ventralen, vorderen Ast und dem dorsalen, hinteren Ast. Beide gelten als parasympathische, also beruhigende Systeme.

Der vordere Ast steuert unser „Soziales Engagement System (SES)“ wie Stanley Rosenberg es betitelt, unseren Zustand von Sicherheit, Wohlbefinden, Offenheit sowie Lebensenergie und -freude. Der dorsale Ast löst aktiviert Schockzustände und Ohnmacht aus und verarbeitet damit (vermeintlich) lebensbedrohliche Zustände. Damit zählen zwar beide Äste zum parasympathischen Teil unseres Nervensystems, haben jedoch ganz unterschiedliche Auswirkungen auf uns und unser Wohlbefinden.

Unsere Reaktionsmuster und Selbststeuerung

Heutzutage fallen wir sehr schnell in diese unbewussten Reaktionsmuster zurück ausgelöst durch Stress, zu hohen Druck und Anforderungen im Familienalltag und in unserer Arbeitswelt. Unser Sympathikus ist beinahe daueraktiv, Stresssituationen führen zur Ausschüttung von Adrenalin und wir sind auf ständige Alarmbereitschaft geschaltet. Dabei dürfen wir nicht vergessen, wieder in unseren Normalzustand zu kommen, Adrenalin abzubauen und unser autonomes Nervensystem wieder zu beruhigen. Dieser Normalzustand basiert auf dem vorderen, ventralen Vagusast und 4 weiteren Hirnnerven.

  • Wir sollten daher unser SES gezielt aktivieren, trainieren und stimulieren, in dem wir Körper-, Atem- und Visualisierungsübungen anwenden oder – für wen dies auch ein guter Weg ist: meditieren.

Wie kommen wir denn nun aus dem Alarmmodus heraus? – Übungsbeispiele für die Praxis

Fola stellte hierfür eine Fülle von Übungen vor, die sich sogar verschiedenen Anwendungskategorien zukommen lassen. Einige davon haben wir im Workshop erlebt und konnten so ausprobieren, was für uns passt und wie die Übungen wirken. Zwei dieser sehr einfachen Übungen aus Folas Toolbox  stellen wir hier vor, mit denen deutlich wird, wie einfach sie sich in den Alltag integrieren und so bei Bedarf praktizieren lassen. Die Übungen stammen aus dem Buch: „Der Vagusnerv – unser innerer Therapeut (Sandra Hintringer), München 2021“

  • Hierzu noch der Hinweis: Wer unter Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Nervosität oder ähnlichen Beeinträchtigungen leidet – für den oder die könnte die Aktivierung des vorderen Vagus-Astes der richtige Schritt vor dem Griff zur Schmerztablette sein. Wir sind aber zu folgendem Hinweis verpflichtet: Für die körperliche Gesundheit und die Entscheidung, diese Übungen durchzuführen und mögliche Folgeschäden übernehmen wir keine Verantwortung.

Das bewusste in sich Hineinfühlen und eine aktive Selbstfürsorge erleben wir als die beste Medizin für Geist und Körper. Probiere die Übungen doch gleich einmal aus, wenn die Gesundheit und das körperliche Befinden dies erlauben:

Übung 1: Der Kopfschnurrer

Wofür? – Für die Entspannung von Kopfwender und -nicker und die Öffnungen des Vagusnervs | ca. 1- 3 Minuten

  • Zeige-, Mittel- und Ringfinger flächig hinter und unter die Ohren legen (Kopf drehen und Muskel spüren)
  • Kreisende Bewegungen, Zahnreihen voneinander lösen, sehr sanfte Massage
  • Variante: von hinten nach vorne streichen, dann vom Ohr zum Schlüsselbein sanft abwärts streichen. Bitte immer auf den Druck achten, Sanft ist hier angesagt!
Übung 2: Der Vagusschmeichler

Wofür? – Für die Stimulierung der Zentralsehne die als Wegbereiter für den Vagusnerv gilt (Faszienstrang, der vom Kopf bis zum Beckenboden verläuft, Halsfaszien, Kehlkopf, Brustbein, Zwerchfell) | ca. 5- 10 Mal oder öfter

  • Hände breitflächig und weich auf Vorderseite des Halses unterhalb des Unterkiefers legen
  • Mit weichfließender Bewegung hinabstreichen über Kehlkopf, Brustbein, Solarplexus
  • Danach links und rechts über Rippenbögen nach außen bis zur Seite des Zwerchfells

Viel Spaß wünscht Charlotte mit Grüßen von Fola und Sabine

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Rückblick auf unsere Ausschreibung – Worum ging es in diesem Workshop?

  • Wie gelingt es, in einem guten Gespür für sich und in Resonanz mit anderen zu sein?
  • Welche Bedeutung hat der Vagusnerv für unser Wohlgefühl?

In einem weiteren Sinne stehen in diesem Workshop die Selbstfürsorge, die Stärkung der eigenen Ressourcen, die eigene Gesundheit und in ein gutes Gespür für all das zu kommen ganz im Mittelpunkt. Von den verschiedensten Wegen und Ansätzen, die hier möglich sind, fokussieren wir speziell die Bedeutung unseres Körpers für ein ganzheitliches Wohlbefinden und hier den Vagusnerv und die Polyvagaltheorie.

Wie kamen wir auf dieses gemeinsame Thema und die Idee zu einem Workshop?

Sabine stieß auf die Bedeutung des Vagusnervs und Stephen Porges, den Entwickler der Polyval-Theorie, in einer Weiterbildung u.a. für Coachs zu dem spannenden Thema Neuroscience of Change. Hier ging es auch im die Frage, was Veränderung in uns Menschen bedeutet und wie Veränderung möglich wird.

Fola entdeckte den Vagusnerv und das dahinter liegende System auf der Suche nach einer Anwendung für die Stabilisierung der eigenen Gesundheit. So verbindet sie wissenschaftliche Grundlagen mit einer Anwendungspraxis. Die Performance auf der Bühne, ein Publikum mitzunehmen in die Welt der Musik – das kann man verstehen als ein Momentum eines Weges, der aus verschiedenen Wegstrecken auf unterschiedlichen Ebenen besteht. So steht nicht das Singen in diesem Workshop im Vordergrund, sondern das ganzheitliche Befinden, das nicht nur für Sänger:innen so bedeutend ist. Was können wir alle aus dieser vielleicht einmal ganz anderen Perspektive der Musik lernen? Welche Gemeinsamkeiten im Umgang mit Herausforderungen können wir entdecken?

Fola verbindet in Ihrem Workshop wissenschaftliche Hintergründe und praktische Alltagsübungen

Wohlbefinden, Zuversicht, Kommunikationsfähigkeit und Zugewandtheit, soziales Engagement, Lebensfreude, Motivation und Klarheit – all das und noch mehr hängt u.a. mit dem Vagusnerv zusammen, einem zentralen Nervenstrang in unserem Organismus.

Ausgelöst durch bedrohliche Erfahrungen mit körperlichen Symptomen, die ihr Leben als Musikerin massiv beeinträchtigt haben, hat Fola sich auf die Lösungssuche begeben. Und wie oft bei Lösungssuchen zu solchen Themen, gibt es nicht die eine Lösung und den einen Weg und es braucht etwas Mut, Dinge auch einfach einmal auszuprobieren. Mit ihrer Neugier, Neues zu entdecken, sich auch selbst immer wieder neu kennenzulernen, stieß Fola so irgendwann auf den Vagusnerv und die Polyvagaltheorie und damit etwas sehr Wertvolles.

Eine persönliche Reise

An ihren ganz persönlichen Erlebnissen und ihrer Geschichte lässt Fola uns teilhaben und erkennen, dass ganz vieles dieser Grundlagen auf sehr unterschiedliche Lebenssituationen übertragbar ist. 

So vermittelt sie Einblicke in wissenschaftliche Erkenntnisse zu Funktionen, Bedeutungen und Wirkungen dieses zentralen Nervensystems in uns. Denn es ist sehr hilfreich, uns selbst, unseren Körper besser verstehen zu lernen, um im Einklang agieren zu können. Auf der Basis lädt sie ein, Übungen und Praktiken aus dem Programm zu erleben, das sie für sich selbst angeregt aus anwendungsbezogener Literatur entwickelt hat und das für sie selbst mittlerweile zu einer unverzichtbaren Alltagsroutine geworden ist.

Einen weiteren Artikel zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Blog.